Wer schon einmal den Heidschnuckenweg, der von der Fischbeker Heide bis nach Celle führt, wanderte, wird sich an eine Vielzahl beeindruckender Naturbilder erinnern. Eine besondere Facette dieses intensiven Landschaftserlebens und Genuss für alle Sinne bietet zurzeit die Thymianblüte auf dem Abschnitt zwischen Niederhaverbeck und dem Hof Wulfsberg.
Wenn sich dem Wanderer der Blick in die weite Talsenke der Preisingheide öffnet, bleibt zunächst das Auge am lila Blütenband entlang des Weges hängen. Blüht hier die Heide etwa schon?
Einige Meter weiter verrät an warmen Tagen der würzige Geruch, dass die lila Blütenpracht noch nicht von der Besenheide stammt. Diese steht abgesehen von einzelnen Ausreißern noch in den Startlöchern.
Zwei Thymianarten – der Arzneithymian und der Gemeine Thymian – wachsen entlang des Weges in flächigen Polstern. Sie sind nicht ganz einfach zu unterscheiden. Der gemeine Thymian hat jedoch etwas größere und rundlichere Blättchen sowie Haarleisten entlang der Kanten des vierkantigen Stängelchens.
Als Anpassung an ihren extrem sonnigen Standort verströmen beide Thymianarten ätherische Öle, deren Duft an einen Urlaub im sonnigen Süden erinnert. Kaum jemand kann an den duftenden Polstern vorbeiwandern, ohne zumindest ein Blättchen zwischen den Fingern zu zerreiben und den für die Atemwege so heilsamen Duft so noch einmal ganz intensiv zu genießen. Noch intensiver ist das Aroma für diejenigen, die ein wenig auf einem Blättchen kauen.
Attraktive Blütenpracht für Insekten
Wie attraktiv die Blütenpracht für Insekten ist, kann dann aus der Nähe bestaunt werden. Das Brummen und Summen vieler Bienen- und Wespenarten liegt über dem lila Flor. Oft haben gleich mehrere Schmetterlingsarten auf einem Polster ihre langen Rüssel zur Nektaraufnahme in die kleinen Blütenkelche versenkt.
Neben häufigeren Arten wie Tagpfauenauge, Admiral, kleinem Wiesenvögelchen oder kleinem Feuerfalter ergibt sich ein besonders schönes Fotomotiv, wenn leuchtend orange Dukatenfalter oder die auf den Hinterflügeln filigran gezeichneten seltenen Rostbinden hier nach Nahrung suchen.
Neben der Vielfalt anderer Falter fallen die Bläulinge auf. Besonders ein etwas kleinerer Bläuling, dessen Hinterflügel durch einige blau metallisch glänzende Spiegel gekennzeichnet ist, tritt hier manchmal zu hunderten auf: Der andernorts in Deutschland als gefährdet geltende Heidebläuling findet hier optimale Entwicklungsbedingungen: Besenheide als Futter für die Raupen und nektarreiche Wegsäume für die Falter.
Warum aber trifft man auf dem 223 km langen Heidschnuckenwanderweg einen solch ausgedehnten Blütenflor des Thymians nur in diesem Bereich an?
Früher wuchs der Thymian in diesem Bereich vor allem auf den durch die VNP Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide aus Ackerflächen entwickelten Sandmagerrasen. Infolge der oberflächlichen Versauerung dieser Flächen konnte der Thymian hier im Laufe der Jahre durch andere Pflanzen auskonkurriert werden, so dass nur noch kleinere Polster innerhalb der Grünflächen verblieben.
Durch ein dynamisches Bewirtschaftungssystem, das einen Wechsel zwischen Acker, Ackerbrachen und Sandmagerrasen vorsieht, bemüht sich der VNP, den Thymian und viele andere Arten der blütenreichen Sandmagerrasen hier wieder zu vermehren. Entlang des Wanderweges ist die oberflächliche Nährstoffversorgung durch Wegebaumaterial und Stäube etwas besser als in der umgebenden Fläche. Der vor allem durch Ameisen verbreitete Thymiansamen fand an diesem Standort gute Wachstumsbedingungen.
Das Heideareal zwischen Wulfsberg und Niederhaverbeck wird seit über zwanzig Jahren durch die Heidschnuckenherde von Schäfer Uwe Storm intensiv beweidet. Somit hat der fachwüchsige und trittresistente Thymian hier keine Konkurrenz durch höherwüchsige Gräser. Die gute Basenversorgung im Randbereich des Weges und der leicht zusätzliche Tritt einzelner Besucher lassen ihn hier besonders gut gedeihen.
Je nach Witterung verläuft die Vollblüte des Thymians über einen Zeitraum von etwa drei Wochen. Vielleicht finden sie in den kommenden Tagen Zeit, den Heidschnuckenwanderweg vom Tütsberg oder von Nieder- oder Oberhaverbeck aus in Richtung Wulfsberg zu erkunden, um die Heidelandschaft noch vor der Blüte mit allen Sinnen zu genießen?